Mittwoch, 19. November 2025

3. Nationaler Autismus Kongress in Interlaken

Am 7. und 8. November fand in Interlaken der 3. Nationale Autismus Kongress statt. Die Location hat mir sehr gut gefallen; sie errinnerte mich ein wenig an historische Filme über Monarchien bzw. das Leben in Königshäusern (z.B. Sissi oder Elisabeth). Vergoldete Stukkaturen und andere Wandverzierungen geben einem einen ganz besonderen Eindruck von früherer Baukunst.

Beim 2. Nationalen Autismus Kongress im Jahr 2021 (damals in Bern) hatte ich am ersten Tag die Vorträge via Internet verfolgt, wobei leider nicht alles reibungslos funktionierte. Unter anderem deshalb entschied ich mich dieses Jahr für eine Vorort-Teilnahme an beiden Tagen. Wie schon beim ersten Kongress erhielt ich wiederum einige sehr interessante Informationen, teils aus der Forschung bzw. neueren Studienergebnissen, teils aus der Praxis von Personen, die in der Betreuung oder Therapie von Betroffenen arbeiten. Einige der Vortragenden waren schon vor 4 Jahren dabei. Es kam aber nur sehr wenig vor, dass man die Inhalte der Vorträge als Deja-Vu hätte wahrnehmen können.

Für die Selbstbetroffenen gab es wiederum einen Rückzugs-Raum, in dem sie auch das Mittagessen einnehmen konnten, anstatt sich mit der grossen Masse der übrigen Teilnehmenden in der Halle mit Stehtischen aufhalten zu müssen. Diese Möglichkeit habe ich sehr geschätzt, auch wenn mir die Wahl der Speisen zum Mittagessen wiederum nicht besonders zusagte.

Ins Gespräch mit anderen Teilnehmenden bin ich erwartungsgemäss kaum gekommen. Auch wenn ich mich im Prinzip gerne mit der einen oder anderen Person ausgetauscht hätte, kam es nicht dazu, weil ich nicht wusste, wie oder mit wem ich am besten hätte anknüpfen können. Zudem war mir die Geräuschkulisse ausserhalb der Vortragszeiten schlicht zu intensiv, als dass ich Lust gehabt hätte, über etwas anderes als Banalitäten wie das Wetter zu reden.

Ob ich am nächsten Kongress auch wieder teilnehmen werde, weiss ich noch nicht. Ich gehe aber davon aus, dass ich vermutlich darauf verzichten werde.

Mittwoch, 1. Oktober 2025

Herbstdepression

Die Tage werden kürzer und trister. In unserer Region häufen sich die nebelverhangenen Tage. Die Blätter fallen allmählich von den Bäumen. Dies sind die offensichtlichen und alljährlichen Zeichen, dass der Herbst Einzug gehalten hat.

Innerlich geht es mir zur Zeit im übertragenen Sinn ähnlich. Ich bin träge, habe keine Kraft mehr und sehe alles grau und trüb. Anders ausgedrückt leide ich wohl unter einer Herbstdepression. Und dies in einer Ausprägung, wie ich es noch selten erlebt habe. Vor ca. 2-3 Monaten hatte ich noch eine kleine Hoffnung, dass mir der neue Job neuen Schwung geben könnte. Dem ist aber nicht so. Am liebsten würde ich jeden Tag Zuhause bleiben und mich im Bett verkriechen. Selbst die Dinge, die Zuhause erledigt werden müssten, mag ich grösstenteils nicht anpacken.

Es fühlt sich - etwas übertrieben formuliert - an als wäre ich in einen tiefen, ausgetrockneten Brunnen gefallen, aus dem ich mit eigener Kraft nicht hinausklettern kann. Schreien mag und will ich nicht, da der Schall ohnehin durch die dicken Mauern rundherum verschluckt wird und mich niemand hören kann. Ab und zu sehe ich weit über mir einen Vogel durchfliegen; aber der kann mir nicht helfen. Gelegentlich verirrt sich ein Insekt in den Brunnen hinein, aber das belästigt mich eher als dass es mir irgendwie nützlich ist - ausser vielleicht als proteinreiche Nahrungsquelle, wenn ich es denn verschlucken wollte. Die paar Spinnen, die sich da und dort ihre Nester bauen, dienen höchstenfalls für kurzzeitige Unterhaltung und Ablenkung meiner Gedanken. Nichts, was ich versuche, macht irgendeinen einen Sinn. Ich kann nur warten und auf ein baldiges Ende hoffen oder darauf, dass zufälligerweise jemand kommt, in den Brunnen hinunterschaut, mich sieht und weiss, was zu tun ist, um mich da rauszuholen.

Die Brunnen-Beschreibung entspricht natürlich nicht meiner wirklichen Situation. Immerhin kann ich mich - innerhalb gewisser Grenzen - frei bewegen, treffe da und dort auf andere Menschen und unterhalte mich mit einigen davon. Ich kann mich normal ernähren, wohne in einem Haus mit Fernstern - von denen ich ein Stück weit Aussicht habe über andere Häuser hinweg - und ich habe, wie schon oben angedeutet, ein bequemes Bett, in das ich mich hineinlegen kann. Tief im Inneren könnte ich mich aber kaum einsamer, verlassener und hoffnungsloser fühlen als in einem tiefen Brunnen. Der einzige, zu dem ich schreien kann, ist Gott. Aber er scheint mich nicht zu hören oder mir nicht helfen zu wollen. Warum muss ich seit Jahrzehnten immer wieder leiden? Warum kann er mich nicht endlich herausholen aus diesem Sumpf von Frust, Mutlosigkeit und Selbstmitleid? Weshalb muss ich weiter ausharren in Hoffnungslosigkeit und Verdruss?

Nach Hiob aus "Gute Nachricht Themenbibel":
6,2-3a: "Wenn jemand meinen Kummer wiegen wollte und meine Leiden auf die Waage legte - sie wären schwerer als der Sand am Meer."
10,18-19: "Warum, Gott, hast du mich ans Licht geholt, hervorgezogen aus dem Leib der Mutter? Wär ich gestorben, eh' ein Mensch mich sah! Vom Schoss der Mutter gleich hinein ins Grab, das wäre so, als wär ich nie gewesen!"
17,11: Vorbei sind meine Tage; meine Pläne, die Wünsche meines Herzens, sind zunichte.

Samstag, 20. September 2025

Zwischen Stuhl und Bank / weder Fisch noch Vogel

Wie es das Sprichwort "zwischen Stuhl und Bank (sitzen)" aussagt, so fühle ich mich seit längerem, und zwar in mehr als einer Hinsicht. Wenn man sich "zwischen Stuhl und Bank sitzen" bildlich vorstellt, ist das ziemlich lustig. Wie sitzt man denn zwischen Stuhl und Bank??? Mit zu 90° angewinkelten Beinen? Oder vielleicht die Beine leicht von sich weg gestreckt? Den Rücken senkrecht haltend oder ein wenig nach Hinten haltend? Oder vielleicht eher nach unten kauernd, etwa so, wie wenn man auf einem Stehklosett kacken muss? Nun aber Schluss damit.
Was ich natürlich meine ist der übertragene Sinn; so in etwa weder das Eine noch das Andere. Wobei in dem Fall das Sprichwort "weder Fisch noch Vogel" natürlich noch besser passt. Aber die beiden Bedeutungen sind sich doch ziemlich ähnlich.
Ein ebenfalls ähnliches Sprichwort heisst "in der Zwickmühle sein". Ich habe gerade auf wiktionary.org nachgeschaut, was dort zu Zwickmühle geschrieben ist. Ganz oben steht folgendes:
[1] Situation im Mühlespiel, in der ein Spieler einen Stein zwischen zwei „Mühlen“ hin- und her bewegen kann. Damit wird dem anderen Spieler jedesmal ein Stein weggenommen.
[2] übertragen: ausweglose Situation, in der keine der Optionen befriedigend ist

Nachfolgend ein paar Gedanken, warum ich darauf komme.
  • Ich denke, dass ich noch zu jung bin, um schon alle Wünsche und Hoffnungen an eine bessere Zukunft aufgeben zu dürfen, aber andererseits zu alt, um noch ernsthaft daran zu glauben, dass sich irgendetwas wesentlich verändern wird.
  • Wenn ich manche Senioren betrachte und darauf achte, wie sie sich verhalten, habe ich zwar unter Umständen Mitleid mit ihnen wegen ihren Krankheiten oder sonstigen Beschwerden, beneide sie aber auch ein wenig, weil sie pensioniert sind, den Alltag (zumindest theoretisch) etwas ruhiger nehmen können und sich nicht mehr um alle neusten Trends und Modegags kümmern müssen. Wenn ich hingegen Kinder oder Jugendliche beobachte, bedaure ich sie ein Stück weit, weil ich denke, sie wissen noch überhaupt nicht, was alles auf sie zukommen wird, andererseits beneide ich sie auch, wenn Sie vergnügt bei Spiel und Spass zusammen sind und weil sie nebst der Schule noch viel freie Zeit haben.
  • Selbst wenn ich angelehnt an den letzten Punkt nur die im Arbeitsprozess befindlichen Leute berücksichtige, sieht es nicht viel besser aus. Ich habe einerseits zuviel Berufserfahrung, als dass ich problemlos ein komplett Neues Berufsfeld ansteuern könnte oder mir manche Fehler aufgrund von Unerfahrenheit verziehen werden könnten, andererseits bin ich noch nicht alt genug, um mich gedanklich schon mit dem Ruhestand auseinandersetzen zu können oder manche Neuerungen mit dem Ausspruch entgegenzutreten, dass ich mich mit dem nicht mehr auseinandersetzen will und sich jüngere darum kümmern sollen.
  • Bezüglich meiner ASS-Diagnose auch nicht viel anders. Einerseits bin ich zu "normal", um umfassende Unterstützung oder gar eine Rente zu benötigen bzw. von Amtes wegen zugesprochen zu bekommen, aber andererseits bin ich eben doch zu "abnormal", als dass ich jede Situation problemlos meistern würde.
  • Auch punkto allgemeiner Gesundheit ist ein wenig so. Ich benötige zwar keine ernsthafte medizinische Hilfe, fühle mich aber doch immer mal wieder gesundheitlich miserabel.

Wegen all der erwähnten Punkte weiss ich nicht, an was oder wem ich mich orientieren soll oder in welche Richtung ich blicken soll - resigniert in die Vergangenheit oder mutlos in die Zukunft.

Alles in Allem gibt es noch einen - durchaus ernst gemeinten - weiteren Punkt in Berücksichtigung des geltenden Rechts. Aus objektiver Sicht bin ich nicht berechtigt für passive Sterbehilfe, aber aus subjektiver Sicht wünsche ich mir schon seit längerem, dass ich diese beantragen könnte. Insofern bliebe mir nur die Wahl einer drastischeren Methode, damit mein Leben zu ende gehen würde. Ganz ehrlich, in den vergangen paar Wochen habe ich wieder vermehrt darüber nachgedacht als auch schon.

Donnerstag, 18. September 2025

Erste Erfahrungen am neuen Arbeitsplatz

Meine dritte Arbeitswoche ist nun fast vorüber. Ich komme zwar mittlerweile recht gut zurecht, ganz gefallen tut es mir aber nicht. Der Hauptgrund ist, dass ich - notabene wie erwartet - viel telefonieren muss, was ich eigentlich nicht gerne mache. Da ich aber schon sehr lange auf Stellensuche war, wollte ich den Job nicht allein deshalb ablehnen.
Leider gibt es auch hinsichtlich Computerarbeitsplatz und zugehöriger Software mehrere Aspekte, welche die Arbeit punktuell sehr mühsam machen. Es sind zwar einzeln genommen nur 'kleine' Details, in der Summe nerven mich diese aber schon ziemlich stark.

Nicht zuletzt habe ich die Pendelstrecke recht unterschätzt. Mehrere Personen hatten im Vorfeld erwähnt, dass diese relativ stressfrei sei, weil man nicht via Autobahn fährt, sondern über Land. Aufgrund der Topografie ist dies jedoch auch nicht ohne und für mich mindestens so anstrengend, wie wenn ich bis zu einer halben Stunde im stockenden Verkehr auf der Autobahn bin. Bei letzterem kann ich nämlich die adaptive Geschwindigkeitsregelung (mit ausreichender Distanz zum vorausfahrenden Fahrzeug) aktivieren. Wie alle Assistenzsysteme hat dieser zwar gewisse Mängel - siehe auch Artikel Neues Auto gekauft - im stockenden Verkehr finde ich ihn aber wirklich ganz gut. Damit kann ich mich aufs Lenken fokussieren und muss nicht ständig die Gas- und Bremspedale drücken. Bei meiner Pendelstrecke durch etliche Dörfer und mit vielen Kurven ist dies hingegen ganz schlecht möglich (ich habe es noch gar nie ausprobiert) und der Spurhalteassistent hilft ebensowenig.

Nun ja, irgendwie wird es schon gehen. Allerdings denke ich nicht, dass ich an dieser Stelle lange bleiben kann/werde.

Montag, 25. August 2025

Arbeitsversuch

Im Juli habe ich die Zusage für eine neue Stelle erhalten. Nach Rücksprache mit meiner Jobberaterin wird zuerst mit einem via IV laufenden sogenannten Arbeitsversuch gestartet. Das heisst, ich beginne im ersten Monat mit einem tieferen Pensum, welches im Folgemonat erhöht wird und erst im dritten Monat dem mit dem Arbeitgeber vereinbarten Pensum entsprechen wird. Während dieser Zeit wird meine Arbeitsleistung detaillierter beurteilt und bei Bedarf könnte der Arbeitsversuch bis zu einem halben Jahr verlängert werden. Damit soll herausgefunden werden, ob meine Arbeitsleistung mit einem tieferen Pensum (verhältnismässig) besser ist als mit einem höheren Pensum.

Im Prinzip habe ich nicht grosse Zweifel daran, dass ich das geplante Pensum umsetzen kann. Allerdings bin ich schon froh, dass endlich eine umfassendere Abklärung erfolgt, weil ich in der Vergangenheit schon öfters unter Überforderung gelitten habe. Zwar zeigte sich diese Überforderung nicht immer am Arbeitsplatz, sondern manchmal eher in der Freizeit oder im Haushalt, aber sie war eben doch da. Und nach den letzten Monaten, in denen ich meistens lange ausschlafen konnte, bin ich schon nicht mehr ganz sicher, ob eine regelmässige Arbeitstätigkeit wirklich gut für mich ist (ausser für mein Bankkonto). Apropos Bankkonto: Dieses ist inzwischen tatsächlich sehr am Limit. Wenn nicht bald mehr ankommt, werde ich zwangsläufig ins Minus geraten. Ich hoffe, dass sich dieses Szenario mit dem Arbeitsversuch etwas entschärfen wird und die anschliessende Anstellung die Situation wieder verbessert.

Seitens IV wartet der Jobcoach immer noch auf die Unterlagen im Zusammenhang mit dem Arbeitsversuch. Jedenfalls waren diese bis am letzten Donnerstag noch nicht eingetroffen und die Jobberaterin hat diesbezüglich beim zuständigen Verantwortlichen der IV nachgefragt. Ich fürchte, dass er wiederum stark überlastet ist und seine Aufgaben deshalb nicht ordentlich erfüllen kann. Auf eine separate Anfrage meinerseits hat er auch nicht geantwortet.

Nachtrag:
Nach einer Absprache mit allen Parteien wurde schliesslich entschieden, dass nicht ein Arbeitsversuch gestartet wird, sondern ein reguläres Arbeitsverhältnis mit Einarbeitungszuschüssen über drei Monate hinweg durch die IV, welche bei Bedarf verlängert werden könnten.